Am Institut für Betonbau starten zwei neue Forschungsprojekte für mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Bauwesen
Das Bauwesen muss umdenken: Denn Errichtung, Instandhaltung und Betrieb von Gebäuden verbrauchen rund 40 Prozent aller Rohstoffe und der Energie weltweit. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind deshalb zwei angestrebte Ziele. Am Institut für Betonbau (IfB) der HTWK Leipzig forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb seit vielen Jahren, um sowohl klassischen Bau mit Stahlbeton zu optimieren als auch nachhaltige Bauweisen voranzubringen. Die beiden neuen Forschungsprojekte „SlideTex“ und „LPP“ können ebenso dazu beitragen.
„SlideTex“: Bodenplatten mit weniger Bewehrungsstahl bauen
Das Forschungsprojekt „SlideTex“ zielt auf Ressourcenschonung im Stahlbetonbau ab – und zwar speziell bei Bodenplatten: Diese bilden die Schnittstelle zwischen Bauwerk und Baugrund und übertragen Lasten in den Untergrund. Unmittelbar nach der Herstellung von Bodenplatten kann es allerdings zu Rissen im noch jungen Beton kommen, die beispielsweise entstehen, wenn sich der Beton abkühlt und zusammenzieht; dabei entsteht ungewollt auch Reibung mit dem Untergrund. „Die Reibung mit dem Untergrund könnte durch die innovative textile Gleitschicht verringert werden“, erklärt Projektmitarbeiter Florian Junker vom IfB. Im Forschungsprojekt, das seit März 2023 für zweieinhalb Jahre vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird, wollen die HTWK-Forschenden mit den Kooperationspartnern, dem Steinbeis-Innovationszentrum „promatik“ sowie den Industriepartnern Drytech Abdichtungstechnik GmbH und Spandauer Velours GmbH & Co. KG, solch eine textile Gleitschicht entwickeln und anschließend im Labor und bei baustellennahen Versuchen testen. Ziel des Projekts ist es, die Reibung und den damit verbundenen Stick-Slip-Effekt zwischen Stahlbetonbodenplatte und Baugrund zu verringern und somit die Rissgefahr des Stahlbetons und die notwendige Menge an Betonstahlbewehrung zu reduzieren.
Die SlideTex-Gleitschicht kann bei nahezu allen herzustellenden Betonbodenplatten eingesetzt werden und bietet eine kosteneffiziente, ressourcensparende Alternative zu herkömmlichen Lösungen. Die Anwendung ermöglicht es, bis zu 75 Prozent Bewehrungsstahl gegenüber der derzeitigen Lösung einzusparen, was zu einer Reduzierung des Treibhauspotentials und verringerten Baukosten führt.
Prof. Klaus Holschemacher, der Direktor des IfB, betont die Bedeutung des Projekts: „Die geplante SlideTex-Gleitschicht ist ein wichtiger Schritt in Richtung ressourcenschonenderes Bauen und unterstützt die Ziele der Bundesregierung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Projekt erfolgreich sein wird und einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Baubranche leisten kann.“ Die Gleitschicht ist besonders für Bodenplatten geeignet, bei denen Risse unbedingt vermieden werden sollten, beispielsweise bei wasserundurchlässigen Bauwerken wie Tiefgaragen, Schwimmbecken oder Kellern von Wohn- und Bürogebäuden.
„LPP“: Weniger CO2 durch Putz in Innenräumen aus Pflanzenkohle und Lehm
Mit dem Forschungsprojekt „LPP“ startet ein neues Projekt im Bereich des Massivbaus, das ebenso auf klimafreundliches Bauen abzielt und insbesondere den CO2-Ausstoß deutlich reduziert: Im Projekt soll ein Innenputz aus den natürlichen Rohstoffen der Pflanzenkohle entwickelt werden, der als klimaschützender Kohlenstoffspeicher im Hochbau eingesetzt werden kann. In Kombination mit Lehm kann ein Innenputz auf Pflanzenkohlebasis deshalb eine klimafreundliche Alternative zu herkömmlichen emissionsintensiven Putzen aus Zement, Gips und Kalk sein. Der eingelagerte Kohlenstoff kann aber noch mehr: Zum einen speichern die Pflanzenkohlepartikel wie der Lehm auch die Raumluftfeuchtigkeit zwischen; so kann ganzjährig in Innenräumen ein gleichbleibendes Raumklima erzeugt werden, das für mehr Behaglichkeit sorgt. Zum anderen kann der Pflanzenkohle-Lehm-Putz Gerüche und Feinstaub aus der Luft binden sowie Elektrosmog abschirmen.
Das Projekt startete am 1. März 2023 und wird bis Ende 2023 vom BMWK gefördert. Das IfB übernimmt dabei die Rolle der wissenschaftlichen Begleitung für die beiden Praxispartner LESANDO GmbH und e4f e&s GmbH.