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Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bevölkerungsdichte und Ressourcenknappheit müssen zukünftige Gebäude und Bauteile wesentlich energie- und rohstoffeffizienter konzipiert werden. Dabei wird es immer wichtiger, den gesamten Stoffkreislauf eines Gebäudes bzw. Bauteils zu erfassen und auszuwerten. Zur Entwicklung z. B. innovativer und nachhaltiger Fassaden, die allen heutigen und künftigen Anforderungen gerecht werden, sind zunehmend komplexe Prüfungen und Messungen notwendig. Die Prüfung neuer Produkte ist für ein Unternehmen meistens mit einem großen Zeitaufwand und hohen Kosten verbunden. Doch sie ist unabdingbar, denn nur so können die Entwickler den Nachweis führen, dass ihr Produkt einsatzfähig ist und gleichzeitig den Ansprüchen am Markt, aber auch den Direktiven einer modernen Energie- und Umweltpolitik gerecht wird.
Seit 2013 beschäftigt sich die Forschungsgruppe Nachhaltiges Bauen der Fakultät Bauwesen an der HTWK Leipzig mit der Analyse und Auswertung möglicher Einsparpotenziale im Bauwesen, versucht dabei als ein stabiles und nachhaltiges Verbindungsglied zwischen Forschung und Produktentwicklung zu fungieren und die Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen und Unternehmen dauerhaft zu stärken, um eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Sachsen zu fördern.
Mit der Installation des Außenklimaprüfstandes auf dem Dach des Föppl-Baus der HTWK Leipzig wurde ein weiterer wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zu einer engen Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erreicht und gleichzeitig ein Messinstrument zur Verfügung gestellt, das bundesweit beispiellos ist. Die Infrastruktur der HTWK Leipzig ermöglicht nun nicht mehr nur Werkstoffuntersuchungen. Durch die Inbetriebnahme der Klimaprüfzellen ist es möglich, gesamte Baukonstruktionen und Simulationsmodelle alternativer Energiekonzepte zu validieren, alle notwendigen bauphysikalischen Messungen zum Wärme- und Feuchteschutz und zur Dauerhaftigkeit durchzuführen und so gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen an innovativen Produkten zu forschen bzw. die Praxistauglichkeit neu entwickelter Bauteile aus bauphysikalischer Sicht zu evaluieren. Vor dem Hintergrund der angestrebten Ziele der HTWK Leipzig und im Besonderen des Instituts für Betonbau (IfB) erhöht dies nicht nur den Handlungsspielraum der Forschungsgruppe, sondern stärkt auch die Bedeutung der Hochschule für die (über-)regionale Wirtschaft.
Jede der beiden Zellen beinhaltet eine offene Seite, in die ein Bauteilrahmen eingesetzt werden kann. Dieser dient zur Untersuchung verschiedener Fassadenkonstruktionen (Prüfwände). Die Prüfwände werden im Differenzklima zwischen kontrolliertem Innenraumklima und regionalem Außenraumklima am Standort Leipzig geprüft. Die offene Seite der Zellen ist nach Westen ausgerichtet, freistehend und unverschattet. Der Nutzraum der Prüfzelle ermöglicht das individuelle Einstellen von Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Luftwechsel. Die frei in den Boden und Decke eingelassenen Lüftungsöffnungen ermöglichen die Umsetzung verschiedener Belüftungsszenarien. Durch eine stufenlose Steuerung ist ein variabler 0-3-facher Luftaustausch/h für thermische Betrachtungen in simulierten Wohn- und Bürobereichen möglich. Damit und mit einem individuellen Ausbaukonzept können neben Messungen an Prüfwänden auch Behaglichkeitsuntersuchungen im Innenraum unter Nutzung durchgeführt werden.
(Video: Tobias Krettek, filmaton)
Mögliche Anwendungen in Abhängigkeit von klimatischen Faktoren
Untersuchung des Tageslichtquotienten im Innenraum
- Ziel: Ermittlung der benötigten Fensterfläche in Fassadenelementen für definierte Nutzungen
- Technik: Messung der Beleuchtungsstärke in lx in unterschiedlichen Höhen z. B. am Arbeitsplatz
Untersuchung der Behaglichkeit im Innenraum
- Ziel: Ermittlung der thermischen Behaglichkeit nach DIN 7730 in Innenräumen
- Technik: Messung der Strahlungswärme mittels Globethermometer, der Raumlufttemperatur und der Raumluftfeuchte über einen digitalen Fühler sowie der Raumluftgeschwindigkeit über ein Thermoanemometer. Diese Messungen werden in der Wet-Bulb-Globe-Temperatur (WBGT) zusammengefasst, die zur Bewertung der Arbeitsbelastung an Hitzearbeitsplätz dient.
Mögliche Anwendungen in Abhängigkeit von Bauteileigenschaften & bauphysikalischen Eigenschaften
Untersuchung des Wärmestroms im Wandquerschnitt
- Ziel: Ermittlung der Wärmestromdichte mittels eines Mäanders mit Thermoelementen zur Berechnung charakteristischer Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert)
- Technik: Wärmeflussplatten mittels eines Mäanders mit Thermoelementen (Temperaturbereich: -40 °C bis 80 °C)
Untersuchung des Temperaturgradienten im Wandquerschnitt
- Ziel: Ermittlung des Temperaturgradienten im Wandquerschnitt
- Technik: NiCr-Ni Thermodraht über Verdrillung der Drahtenden zur Messung der thermoelektrischen Spannung (Temperaturbereich: -10 °C bis 105 °C)
Untersuchungen der relativen und absoluten Feuchte im Wandquerschnitt
- Ziel: Ermittlung der Luftfeuchte im Wandquerschnitt
- Technik: Digitaler Fühler für Luftfeuchte, Temperatur, Luftdruck (Feuchtebereich: 5 % bis 98 % relative Luftfeuchte)